Johan Axelsson Oxenstierna. Kupferstich von Pieter de Jode nach Anselm van Hulle, 1648. UB Osnabrück.
Ab 1644 war er Hauptgesandter der schwedischen Gesandtschaft im Auftrag seines Vaters, des schwedischen Reichskanzlers Axel Oxenstierna.
Oxenstierna gilt als eine der markantesten Figuren des Westfälischen Friedenskongresses. Mit seinem standesbewussten und forschen Auftreten eckte er bei vielen anderen Gesandten an. Für den französischen Gesandten Abel Servien war er ein „hoch intonirtes, aufgeblasenes Subjectum”, und für den kaiserlichen Vertreter Maximilian von Trauttmansdorff erwies er sich „störrig alß ein Ochs”. Daneben war Oxenstierna für seine Trinkgelage nahezu berüchtigt. Dies lag einerseits daran, dass die Trinkkultur ein integraler Bestandteil der frühneuzeitlichen Geselligkeitspraxis wie auch des diplomatischen Zeremoniells war. Andererseits hatte es aber auch etwas mit der Tatsache zu tun, dass Oxenstierna (und nicht nur er) seine Gäste manchmal regelrecht ‚abfüllte‘, um an zusätzliche Informationen zu kommen. Der magdeburgische Sekretär Christian Werner aß deshalb im Vorfeld seines Besuches eine Portion Bittermandeln, um möglichst nüchtern zu bleiben. Das schwedische Quartier entwickelte sich auf diese Weise auch zu einer Art gesellschaftlichem Mittelpunkt während der Westfälischen Friedensverhandlungen.
Johan Axelsson Oxenstierna. Ganzkörperporträt von Jacob H. Elbfas, 1639. Staatliche Schlösser und Gärten Hessen. Foto: David Hall, 2022.
Nicht nur wurden hier gleich mehrere Gesandte zum gemeinsamen Essen (und Trinken) eingeladen, sondern mitunter traf man sich hier auch zum geselligen Glücksspiel, wie z.B. zum Würfelspielen. Ab und zu veranstaltete Oxenstierna auch protestantische Gottesdienste in seinem Quartier, an denen auch andere protestantische Gesandte teilnahmen.
Oxenstierna bewohnte einen Vorgängerbau des Bischofshauses, den damaligen Hof des Domherrn Johann Otto von Dorgelo. Zusätzlich bezog er den benachbarten Hof des Vikars Grunfeld. Vor allem der Dorgelosche Domherrenhof galt als eines der repräsentativsten Gebäude der Domsfreiheit, wenn nicht sogar der ganzen Stadt. Nicht umsonst hatte bereits der schwedische Statthalter Gustav Gustavson Anfang der 1640er Jahre den Hof Dorgelos (sowie auch denjenigen von Grunfeld) als seine Residenz benutzt. Oxenstierna konnte bei seiner Quartierwahl also offensichtlich von der schwedischen Besatzung der Stadt im Vorfeld des Kongresses profitieren.
Gustav Gustavson, Porträt von Sébastian Bourdon, ca. 1652/53. Uppsala universitets konstsamlingar.
Mit diesem Status entsprach das Gebäude durchaus dem großen Repräsentationsbedürfnis Oxenstiernas, dem für diese Zwecke knapp 10.000 Reichstaler zur Verfügung standen. Einen großen Teil davon wendete der Schwede für die prunkvolle Innenausstattung des Quartiers auf, deren Ausmaß alle anderen Gesandtschafts-quartiere in Osnabrück bei weitem übertraf. Viele Gesandte staunten daher bei ihrem Besuch nicht schlecht und hielten ihre Eindrücke in ihren ‚Diarien‘ (‚Tagebüchern’) und Briefen fest. Das Quartier war demnach außerordentlich groß und besaß mehrere Zimmer und Säle, die in der Regel mit rotem Samt an den Wänden und Decken ausgestattet waren. Manchmal wurde dieses rote Tuch zusätzlich noch über die Möbel gezogen und mit goldenen Verzierungen versehen. Die Möbel hatte man offenbar aus Schweden mitgebracht – zumindest mutmaßten das die kaiserlichen Gesandten, da für sie die Möbel „klein unnd mehr auf Schwedische alß Teutsche art“ schienen. Daneben hatte Oxenstierna einen eigenen Garten, in dem er zuweilen seine Gäste empfing.
Diese prunkvolle Ausstattung war nicht nur nötig, um nach dem damaligen höfisch-diplomatischen Zeremoniell die schwedische Krone angemessen zu repräsentieren, sondern auch, weil das schwedische Quartier in Osnabrück einer der Haupt-verhandlungsorte war. Immerhin sollte in Osnabrück der Friede zwischen dem Kaiser, dem römisch-deutschen Reich und Schweden ausgehandelt werden. Dieser wurde am 6. August 1648 nicht ganz zufällig im schwedischen Quartier per Handschlag beschlossen. Der sog. Osnabrücker Handschlag besiegelte das Osnabrücker Friedensinstrument (Instrumentum Pacis Osnabrugensis), das später zusammen mit dem Münsteraner Friedensvertrag (Instrumentum Pacis Monasteriensis) im Oktober 1648 unterschrieben wurde. Für den Osnabrücker Friedensschluss begaben sich die Vertreter des Kaisers sowie zahlreiche Delegierte der Reichsstände am 6. August zum Quartier von Oxenstierna, wo man in einem großen Saal gemäß einer festen Sitzordnung Platz nahm.
Sitzordnung im Saal von Oxenstierna, Osnabrücker Handschlag, 6. August 1648. Landesarchiv Thüringen, Staatsarchiv Gotha, 2143 S. 334/335.
Sitzordnung im Saal von Oxenstierna, 6. August 1648. Auch hier ist die Anordnung der insgesamt fünf Tische gut zu erkennen. Johann Gottfried von Meiern, 1736. UB Osnabrück.
Nachdem der kaiserliche Gesandte Isaak Volmar über mehrere Stunden hinweg den Vertragstext laut vorgelesen hatte, kündigten die Schweden an, den Frieden noch nicht unterschreiben zu können, da man einem Friedensschluss nur zusammen mit dem Bündnispartner Frankreich unterzeichnen wolle. Der Friedensvertrag zwischen Frankreich und dem Kaiser (das Instrumentum Pacis Monasteriensis) war allerdings noch nicht fertig ausgehandelt. Stattdessen einigte man sich darauf, den Vertrag per Handschlag zu besiegeln und bis zum endgültigen Friedensschluss daran nichts mehr zu verändern – ein entscheidender Durchbruch auf dem Weg zum Westfälischen Frieden.
Der Dorgelosche Hof wurde 1696 fast vollständig erneuert und danach noch mehrmals umgebaut. Erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts diente das Gebäude als Residenz des Bischofs. Erhalten geblieben ist von der ehemaligen Kurie lediglich der Gewölbekeller.
Nachfolgebau des Wohnortes von Oxenstierna, Bischofshaus, Große Domsfreiheit, erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. NLA OS, Erw A 2 Nr. 18,6. Foto: B. Lichtenberg.
Bischofshaus, Rückseite, erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. NLA OS, Erw A 2 Nr. 18,6. Foto: B. Lichtenberg.
Johan Adler Salvius. Kupferstich von Pieter de Jode nach Anselm van Hulle, 1648. UB Osnabrück.
Ab 1643 war er im Auftrag der schwedischen Königin Christina Sekundargesandter der schwedischen Gesandtschaft.
Salvius darf als politisch und diplomatisch erfahrener gelten als der schwedische Hauptgesandte Oxenstierna. Juristisch hoch bewandert, entwickelte er sich im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges zu einem der einflussreichsten Politiker Schwedens. In den 1630er Jahren vertrat er als schwedischer Resident in Hamburg die schwedischen Interessen im römisch-deutschen Reich. In dieser Funktion unterschrieb er 1641 den Hamburger Präliminarvertrag, der die Grundlage für die Westfälischen Friedensverhandlungen in Osnabrück und Münster schuf.
Auf dem Westfälischen Friedenskongress vertrat Salvius die Interessen der schwedischen Königin, die auf einen baldigen Friedensschluss drängte. Dadurch geriet er schnell in Konflikt mit dem Hauptgesandten Oxenstierna, der im Auftrag seines Vaters (dem schwedischen Reichskanzler Axel Oxenstierna) möglichst umfangreiche Zugewinne für Schweden anstrebte. Spannungen ergaben sich daneben aber auch, weil Oxenstierna in dieser Auseinandersetzung nicht selten seinen höheren Rang betonte. Aufgrund seiner großen Erfahrung nahm Salvius letztendlich aber einen größeren Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung der Friedensverträge.
Salvius wohnte zeitweise in unmittelbarer Nähe zu Oxenstierna, genauer gesagt im Haus des Quotidianarius Borchart. Über das Quartier ist lediglich bekannt, dass Borchart selbst es als „pröperliche Behausung“ beschrieb.
Im Nachbarhaus wohnte außerdem der schwedische Sekretär Mattias Mylonius, geadelt Björnklau. Sein Quartier besaß, ebenso wie dasjenige von Oxenstierna, ein „Gärtlein“, in dem Mylonius beispielsweise den magdeburgischen Sekretär Christian Werner bei einem Glas Wein zu einem „freundlich undt vertrawlichen Gespräch“ empfing. Auch die übrige schwedische Gesandtschaft war auf der Großen Domsfreiheit untergebracht.
Mattias Mylonius, geadelt Björnklau, Sekretär der schwedischen Gesandtschaft. Kupferstich von Cornelius Galle nach Anselm van Hulle, 1649. UB Osnabrück.