Seitdem symbolisiert es die städtische Selbstverwaltung Osnabrücks. Mit den Friedensverhandlungen ging es als Rathaus des Westfälischen Friedens in die Geschichte ein.
Zeichnung des für die Verhandlungen vorbereiteten Rathaussaales. Federzeichnung, um 1646. Forschungs- und Landesbibliothek Gotha, Chart A 327, Bl. 110f.
Als die Stadt Osnabrück 1641 neben Münster zum Kongressort für die Friedensverhandlungen bestimmt wurde, befand sich ausgerechnet das Rathaus in einem desolaten Zustand. So war beispielsweise das Dach des Gebäudes undicht. Eilig versuchte man, das symbolträchtige Gebäude der Stadt für die anstehenden Friedensverhandlungen instand zu setzen, wobei die Reparatur des Daches erst 1646 abgeschlossen werden konnte.
Dennoch war das Rathaus eine der wichtigsten Anlaufstellen für die Verhandlungen, auch wenn es hier Plenarversammlungen aller anwesenden Gesandten nie gegeben hat. Auf dem Westfälischen Friedenskongress fanden die meisten Gespräche in kleinerer Runde statt, oft nur zwischen zwei Delegationen. In der Regel traf man sich hierfür im Quartier einer Gesandtschaft.
Das Rathaus bot vor allem Raum für größere Besprechungen, weshalb hier regelmäßig Zusammenkünfte der Reichsstände abgehalten wurden, des sog. Fürstenrats.
Solche Besprechungen folgten festen Regeln, beispielsweise in Form einer vorgesehenen Sitzordnung, die sich entsprechend des damaligen Ständedenkens am Rang der Gesandtschaften orientierte. So waren bei einer Besprechung im April 1646 im Friedenssaal verschiedene Tische für verschiedene Gesandtengruppen vorgesehen, darunter:
• ein Tisch für die ranghöchsten Vertreter, diejenigen des Kaisers
• ein Tisch für die hochrangigen Gesandten der Kurfürsten
• ein Tisch für die Vertreter der Reichsfürsten
• sowie ein Tisch für die Gesandten der Reichsstädte
Daneben bot das Rathaus auch einen angemessenen Rahmen für repräsentative, öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen. So erklärte hier der kaiserliche Gesandte Johann Baptist Krane 1643 in einer feierlichen Zeremonie Osnabrück offiziell für neutral.
Sitzordnung im Friedenssaal für die Gravaminaverhandlungen im April 1646. Am Tisch „C“ saßen die kaiserlichen, am Tisch „D“ die kurfürstlichen, am Tisch „E“ die reichsständischen und am Tisch „F“ die städtischen Gesandten. Johann Gottfried von Meiern, 1734. UB Osnabrück.
Auch die öffentliche Verlesung der kaiserlichen Antwort auf die schwedischen Verhandlungsforderungen (Propositionen) im Herbst 1645 vollzog man im Rathaus. Hierfür standen sogar die Bürger in den Straßen Spalier, um die ankommenden Gesandten in ihren prächtigen Kutschen gebührend zu empfangen. Nicht zuletzt die feierliche Verkündung des Friedensschlusses von der Rathaustreppe fand am 25. Oktober 1648 ebenso an diesem Ort statt, wobei die Treppe damals noch aus Holz war.
Die sachsen-altenburgischen Gesandten beschreiben in ihrem ‚Diarium‘ (‚Tagebuch‘) das Geschehen:
„Eodem: ist die post vom geschlosenen frieden zu Osnabrüg angelangt, und hatt es fast niemand glauben wollen, biß die bürgerschaft vor das rathauß erfordert worden, da dann der stadtsyndicus von der treppen, so mitt rothem tuch behenget, abgelesen, daß numehr der friede geschloßen und underschrieben, und ist darauff ‚Nun lobe mein seel den Herren‘ gesungen und von den haupleuthen vom thurn geblasen worden, […]. Vor dem rathaus haben viel bürger geweint, und soll sogar große freude nicht verspührt worden seyn, vielleicht auß furcht vor dem bischoff, den sie wieder uber sich bekommen würden.“
Rathaus, 1899. KGM Osnabrück, F01385.
Trotz des Friedensschlusses waren die Osnabrücker offenbar wenig glücklich: Man befürchtete die Rückkehr des berüchtigten Fürstbischofs Franz Wilhelm von Wartenberg, unter dessen Rekatholisierungspolitik 1628-1633 die (überwiegend protestantische) Bevölkerung enorm zu leiden gehabt hatte.
Im Anschluss an die Verhandlungen ließ man die Porträts der Gesandten im großen Ratssaal des Rathauses anbringen, für den sich fortan die Bezeichnung „Friedenssaal“ etablierte.
„Osnabrückischer Conferenz-Saal, Worinnen der weltbekannte Westphälische Friede, in denen Jahren 1643 biß 1649, abgehandelt und geschlossen worden…“. Kupferstich von Georg Daniel Heumann nach Gerhard Justus Arenholt. KGM Osnabrück, F01461.
Der Friedenssaal wurde in der Folge noch mehrfach umdekoriert. Im Zuge des Zweiten Weltkrieges wurde das Inventar des Friedenssaales inklusive der Porträts ausgelagert, um es vor den Bombenangriffen zu schützen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Rathaus erneut zu einem wichtigen Symbol des Friedens: Zum 300. Jahrestag des Westfälischen Friedensschlusses teilte die britische Besatzungsmacht der Stadt Sonderkontingente an Baustoffen zu, um das kriegsbeschädigte Rathaus wiederherstellen zu können. Der Friedenssaal erhielt damals Betonböden bzw. -decken, die mit Parkett und Holzkassetten verkleidet waren.
Innenaufnahme des Friedenssaals, undatiert. KGM Osnabrück, F01393. Foto: Koltzenburg.
Innenaufnahme des Friedenssaals, undatiert. KGM Osnabrück, F01392. Foto: R. Lichtenberg.
Innenaufnahme des Friedenssaals, undatiert. KGM Osnabrück, F01391.