Französisches Quartier

Während des Westfälischen Friedenskongresses wohnte auf der Kleinen Domsfreiheit


Henri Groulart seigneur de La Court

(† 1658)


Henri Groulart seigneur de La Court. Kupferstich von Cornelius Galle nach Anselm van Hulle, 1649. UB Osnabrück.


Ab Oktober 1646 war er als sogenannter Resident der Vertreter der französischen Gesandtschaft in Osnabrück, die im Auftrag des jungen Königs Ludwig XIV. verhandelte.



Da in Münster der Frieden zwischen dem Kaiser, dem römisch-deutschen Reich und Frankreich ausgehandelt werden sollte, hielt sich die eigentliche französische Gesandtschaft um Abel Servien und Claude de Mesmes, Comte d'Avaux dauerhaft in Münster auf. In Osnabrück hingegen war lediglich ein Resident vorgesehen, der die Absprache mit dem schwedischen Bündnispartner koordinieren und nach Münster über das Osnabrücker Verhandlungsgeschehen berichten sollte.

Ein Resident war damals ein rangniederer diplomatischer Vertreter, der gegenüber einem Gesandten lediglich eingeschränkte Kompetenzen hatte und einen geringeren Repräsentationsaufwand betrieb. La Court war nach Claude des Salles baron de Rorté und Jean de La Barde bereits die dritte Person, die diese Aufgabe übernahm. 

Die beiden französischen Gesandten in Münster, Servien und d’Avaux, führten seit Beginn der Verhandlungen eine heftige Auseinandersetzung um die Führung der französischen Gesandtschaft.

Beide waren daher daran interessiert, in Osnabrück einen Residenten zu installieren, der in ihrem Sinne handelte. Die damalige französische Diplomatie war in hohem Maße von Klientelbeziehungen bestimmt, so auch Falle der französischen Residenten: Der erste Vertreter, de Rorté, war ein unbedingter Klient (Gefolgsmann) des französischen Gesandten d’Avaux. Der zweite Resident, La Barde, galt hingegen als neutral, verließ allerdings 1646 Osnabrück bereits wieder. Der darauffolgende Resident La Court war hingegen Gefolgsmann Serviens, war also von ihm abhängig und vertrat daher vorwiegend seine Interessen. Seine Ernennung war ein Erfolg für seinen Patron Servien, weil dieser mithilfe der Neubesetzung der Residentenstelle an Einflussmöglichkeiten gewonnen und das Mächtegleichgewicht in der französischen Gesandtschaft zu seinem Vorteil verschoben hatte.

Abel Servien, französischer Gesandter in Münster. Kupferstich von Paulus Pontius nach Anselm van Hulle, 1648. UB Osnabrück.

Claude de Mesmes, Comte d’Avaux, französischer Gesandter in Münster. Kupferstich von Paulus Pontius nach Anselm van Hulle, 1648. UB Osnabrück.


La Court selbst zeigte sich nach seiner Ankunft in Osnabrück von den Zuständen der Hasestadt (wie übrigens auch von Münster) alles andere als begeistert: Er sei der „allerunglücklichste aller Männer“, da er an „diesem erbärmlichen Ort“ sein müsste. Der Franzose lebte sich in Osnabrück jedoch offenbar schnell ein: Nur drei Monate später bezeichnete er sich selbst als „tout naturalisé en Allemagne“ („komplett eingebürgert in Deutschland“). Seine Tätigkeit in Osnabrück zahlte sich jedenfalls für ihn aus: Nach Abschluss der Verhandlungen steig er zum Gesandten auf und war als solcher bis 1650 noch in Münster und Nürnberg tätig.

 

Der Wohnort La Courts, Hof des Domprobstes Leerodt, vom Domvorplatz gesehen, vor seinem Abbruch 1892. NLA OS, Erw A 2 Nr. 18,6. Foto: R. Lichtenberg.


Der französische Resident wohnte im Haus des Dompropstes Leerodt direkt neben dem Dom. Der stattliche Hof war ein durchaus angemessenes Quartier für den Franzosen, der allerdings nur eine verhältnismäßig kleine Gefolgschaft (14 Begleitpersonen) bei sich hatte. Die nur unweit wohnende schwedische Gesandtschaft hatte zu Beginn der Verhandlungen explizit gefordert, den französischen Vertreter ebenfalls auf der Domsfreiheit unterzubringen, um die gegenseitige Kommunikation („frequente communicationes“) zu erleichtern. 

Zu substantiellen Verhandlungen kamen auch die französischen Gesandten aus Münster zeitweise nach Osnabrück, wo sie ebenfalls auf der Großen Domsfreiheit unterkamen. Anfang 1647 wohnte beispielsweise der Gesandte d’Avaux bei La Court. Dass der Resident dabei Gefolgsmann seines Konkurrenten Serviens war, war hierfür offenbar kein Hindernis, wenngleich La Court d’Avaux Bestrebungen, ihn „auszuschließen“, nicht verborgen blieben.

Der Hof La Courts wurde erst 1892 abgerissen. Zuvor wurde er noch fotografiert.

Der Hof von der Kleinen Domsfreiheit aus gesehen. NLA OS, Erw A 2 Nr. 18,6. Foto: R. Lichtenberg.


Informationen und Zitate nach Marcel Lewerentz sowie Anuschka Tischer (Französische Diplomatie und Diplomaten auf dem Westfälischen Friedenskongress: Außenpolitik unter Richelieu und Mazarin, Zugl.: Bonn, Univ., Diss., 1998, Münster 1999)

 

Übersetzungen aus dem Französischen: Marcel Lewerentz.

Ausstellung 7. Juni bis 5. November 2023

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